Arbeitsteilung der Eltern

Die Aufteilung der Erwerbsarbeit, der Hausarbeit und der Kinderbetreuung in Abhängigkeit vom Alter des Kindes

Georg-August-Universität Götingen

Sprache:

Magdalena Gerum

Dr. Magdalena Gerum hat Soziologie, Statistik und Psychologie an der LMU München und Philosophie an der Hochschule für Philosophie München studiert. Sie promovierte in Sozialwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie war bis Ende 2020 am Deutschen Jugendinstitut angestellt und forschte dort im Bereich quantitativer, empirischer Sozialforschung zu familiensoziologischen Fragestellungen. Seit Anfang 2021 ist Dr. Magdalena Gerum am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik als wissenschaftliche Referentin angestellt.

Auf einen?

Expertise

  • Forschung zu Familien, Geschlechterrollen und sozialer Ungleichheit
  • Forschung zur Arbeitsteilung in Familien
  • Surveydaten, Big Data Analysen, Data Scientist

Interessant für

  • Familienforscher und -forscherinnen
  • Personen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Familienpolitik
  • Personen aus den Bereichen Politik und Journalismus
iStock / filadendron
Magdalena Gerum

Dr. Magdalena Gerum hat Soziologie, Statistik und Psychologie an der LMU München und Philosophie an der Hochschule für Philosophie München studiert. Sie promovierte in Sozialwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie war bis Ende 2020 am Deutschen Jugendinstitut angestellt und forschte dort im Bereich quantitativer, empirischer Sozialforschung zu familiensoziologischen Fragestellungen. Seit Anfang 2021 ist Dr. Magdalena Gerum am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik als wissenschaftliche Referentin angestellt.

Auf einen?

Expertise

  • Forschung zu Familien, Geschlechterrollen und sozialer Ungleichheit
  • Forschung zur Arbeitsteilung in Familien
  • Surveydaten, Big Data Analysen, Data Scientist

Interessant für

  • Familienforscher und -forscherinnen
  • Personen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Familienpolitik
  • Personen aus den Bereichen Politik und Journalismus

Interview

Niklas Heuser
Redakteur

Die Sozialwissenschaft ist eine empirische Wissenschaft. Welcher Methoden hast du dich bei deiner Forschung bedient?

Magdalena Gerum
schreibt…
Niklas Heuser
Redakteur

Die Sozialwissenschaft ist eine empirische Wissenschaft. Welcher Methoden hast du dich bei deiner Forschung bedient?

Magdalena Gerum
Doktorandin

Meine Doktorarbeit verwendet zur Beantwortung der Forschungsfragen quantitative Daten. Als Datengrundlage dient der Survey "Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten" des Deutschen Jungendinstituts (DJI) aus dem Jahr 2013/14. Der DJI-Survey liefert mir ein repräsentatives Sample zu Eltern mit Kindern im Alter von 0 bis 18 Jahren. Dank einer hohen Sample-Fallzahl (n=11.330) sind robuste, statistische Ergebnisse sichergestellt. Anhand von multivariaten Analyseverfahren habe ich erforscht, welche Rolle Einflussfaktoren wie etwa der sozio-ökonomische Status der Eltern oder Geschlechterrolleneinstellungen für die Arbeitsteilung spielen und inwiefern deren Rolle durch das Alter des Kindes beeinflusst wird. Hierfür habe ich in Abhängigkeit vom Alter des Kindes getrennte Regressionsmodelle berechnet und diese anschließend miteinander verglichen.

Niklas Heuser
Redakteur

Ein Kapitel deiner Dissertation ist den kulturellen und institutionellen Rahmenbedingungen der Arbeitsteilung der Eltern gewidmet. Was ist damit gemeint?

Magdalena Gerum
Doktorandin

Mit kulturellen Rahmenbedingungen sind beispielsweise Geschlechterrolleneinstellungen, Geschlechterkulturen und Ideale gemeint, die definieren wie ein geschlechterstereotypisches Verhalten aussieht. Mit institutionellen Rahmenbedingungen sind darüber hinaus auch familienpolitische Maßnahmen wie etwa die Ausgestaltung von Zeitpolitiken und Geldpolitiken (z.B. Elternzeit/Elterngeld), oder der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen für unter 3-jährige Kinder inbegriffen. Diese kulturellen und institutionellen Faktoren sind wichtig für die Arbeitsteilung der Eltern, denn wie schnell Mütter nach der Geburt des Kindes wieder in die Erwerbsarbeit zurückkehren und wie sehr sich Väter in die Familienarbeit einbringen, hängt einerseits von Geschlechterrolleneinstellungen und -kulturen ab; andererseits spielen auch zeitliche und ökonomische Gründe sowie die Verfügbarkeit und die Qualität von Kinderbetreuungsplätzen eine wichtige Rolle.

Niklas Heuser
Redakteur

Die Debatte um unbezahlte Care-Arbeit, die weder gesellschaftlich noch ökonomisch anerkannt wird, ist weiterhin sehr aktuell. Wie können die Erkenntnisse deiner Forschung in diese Debatte einge ordnet werden?

Magdalena Gerum
Doktorandin

Meine Ergebnisse zeigen, dass die Aufteilung der Hausarbeit und der Kinderbetreuung nicht nur unmittelbar nach der Geburt eines Kindes sehr ungleich zu Lasten der Mütter verteilt ist, sondern dass diese Ungleichheit auch in Familien mit älteren Kindern weiterhin bestehen bleibt. D.h. dass diese geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die häufig nur für die ersten Lebensmonate oder -jahre des Kindes geplant war, nur schwer wieder verlassen werden kann. Wenn die Politik eine egalitäre Arbeitsteilung von Eltern fördern will, so sollte sie dafür sorgen, dass Mütter schneller wieder in die Erwerbsarbeit zurückkehren können, denn eine längere Erwerbsunterbrechung oder ein reduzierter Erwerbsumfang verschlechtert ihre finanzielle Unabhängigkeit und macht eine Altersarmut der Mütter wahrscheinlicher. Umgekehrt müsste die Politik Väter zu einer stärkeren Beteiligung an der Familienarbeit motivieren.

Zusammenfassung

Familiensoziologische Forschung vernachlässigt bislang die Bedeutung des Kindesalters als Erklärung dafür, wie sich Eltern die Erwerbsarbeit, die Hausarbeit und die Kinderbetreuung aufteilen. Dabei ist es offenkundig, dass sich mit einem jugendlichen Kind andere Ausgestaltungsspielräume für die Eltern ergeben als mit einem Säugling.

Im Fokus dieser Dissertation stehen daher Forschungsfragen, die sich darauf beziehen, wie Eltern sich die Erwerbsarbeit, die Hausarbeit und die Kinderbetreuung in Abhängigkeit vom Alter des Kindes aufteilen. Des Weiteren interessiert die Frage danach, welche Rolle etwa ökonomische Einflussfaktoren (wie z.B. der sozio-ökonomische Status) und kulturelle Einflussfaktoren (wie z.B. Geschlechterrolleneinstellungen) für die Arbeitsteilung spielen und ob sich deren Bedeutung in Abhängigkeit vom Alter des Kindes verändert. Einen Theoriestrang stellen dabei ökonomische Theorien wie die familienökonomische Theorie und die Verhandlungstheorie dar; einen weiteren Theoriestrang bilden die geschlechterrollen-, normen- und identitätsbasierten Ansätze. Bei beiden Theoriesträngen wird in dieser Dissertation herausgearbeitet, welche Bedeutung dem Alter des Kindes jeweils zugeschrieben werden kann.

Doch zusätzlich spielen auch in Deutschland gegebene institutionelle und kulturelle Rahmenbedingungen wie etwa familienpolitische Maßnahmen (wie z.B. Geldpolitiken, Zeitpolitiken und infrastrukturelle Regelungen) und Familienleitbilder eine wichtige Rolle. Daher werden Hypothesen abgeleitet, die sich aus der Verknüpfung der theoretischen Ansätze mit den institutionellen und kulturellen Rahmenbedingungen ergeben und die zusätzlich zwischen den Altersstufen des Kindes differenzieren. Diese altersspezifischen Hypothesen machen Annahmen darüber, welche Rolle die Einflussfaktoren in verschiedenen Altersstufen des Kindes und unter den jeweiligen Rahmenbedingungen (wie z.B. Familienleitbilder, Geldpolitiken, Zeitpolitiken und infrastrukturelle Regelungen) spielen.

Als Datengrundlage zur Beantwortung der Forschungsfragen dient der DJI-Survey „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (kurz: „AID:A“) von 2013/14. Anhand von diversen, multivariaten Analysen wird herausgearbeitet, welche Rolle das Alter des Kindes für die Aufteilung der Erwerbsarbeit, der Hausarbeit und der Kinderbetreuung spielt und inwiefern sich die Bedeutung weiterer Einflussfaktoren in Abhängigkeit vom Alter des Kindes verändert. Die Ergebnisse zeigen, dass das Kindesalter von zentraler Bedeutung für die Aufteilung der Erwerbsarbeit ist, während es für die Aufteilung der Hausarbeit und der Kinderbetreuung nur eine geringere Rolle spielt. Während die Aufteilung der Erwerbsarbeit mit zunehmendem Alter des Kindes deutlich egalitärer wird, sind die Aufteilung der Hausarbeit und der Kinderbetreuung über das Kindesalter hinweg relativ traditionell. In der Tendenz zeigt sich jedoch, dass die Aufteilung der Hausarbeit bei älteren Kindern etwas traditioneller ausfällt als bei kleineren Kindern, wohingegen die Aufteilung der Kinderbetreuung bei älteren Kindern dagegen etwas egalitärer ist. Insgesamt kann daraus abgeleitet werden, dass Mütter mit dem Älterwerden des Kindes größere Erwerbsoptionen realisieren können, aber offenbar nicht, weil die Väter stärker in die Kinderbetreuung einsteigen, sondern eventuell, weil die Kinder weniger betreuungsintensiv sind oder die institutionellen und kulturellen Rahmenbedingungen dies besser ermöglichen.

Aus den Ergebnissen geht des Weiteren hervor, dass ein niedrigerer sozio-ökonomischer Status der Mütter (im Vergleich zum sozio-ökonomischen Status der Väter) einen negativen Effekt auf den Erwerbsanteil der Mütter hat, aber ein höherer Status der Mütter zeigt dagegen keinen positiven Effekt auf den Erwerbsanteil der Mütter. Der relative sozio-ökonomische Status hat somit keinen symmetrischen, geschlechtsunabhängigen Effekt. Gleiches trifft auch für die Aufteilung der unbezahlten Arbeit zu: Hier zeigt sich, dass Mütter mehr Hausarbeit und mehr Kinderbetreuung übernehmen, wenn sie einen niedrigeren Status haben, aber sie übernehmen umgekehrt nicht weniger Hausarbeit und nicht weniger Kinderbetreuung, wenn sie einen höheren Status als die Väter haben. Die altersspezifischen Hypothesen hierzu, d.h. dass die Bedeutung des sozio-ökonomischen Status bei kleineren Kindern geringer ist als bei älteren Kindern, kann in den meisten Fällen nicht bestätigt werden. Insgesamt kommt dem sozio-ökonomischen Status nur eine geringe Bedeutung zu.

Bei den Geschlechterrolleneinstellungen zeigt sich, dass egalitäre Einstellungen mit einer egalitäreren Aufteilung der Erwerbsarbeit, der Hausarbeit und der Kinderbetreuung einhergehen. Die altersspezifischen Annahmen, dass die Geschlechterrolleneinstellungen bei kleineren Kindern (aufgrund institutioneller Rahmenbedingungen) einen geringeren Effekt und bei älteren Kindern einen stärkeren Effekt haben, können für alle drei Dimensionen der Arbeitsteilung dagegen größtenteils nicht bestätigt werden. In vertiefenden Analysen werden die Geschlechterrolleneinstellungen darüber hinaus anhand einer latenten Klassenanalyse multidimensional abgebildet: Hieraus gehen die drei latenten Klassen „intensive mothering/parenting“, „egalitärer Essentialismus“ und „egalitär“ hervor. Wenn diese latenten Klassen als Einflussfaktoren für die Arbeitsteilung verwendet werden, so zeigt sich, dass die Aufteilung der Erwerbsarbeit, der Hausarbeit und der Kinderbetreuung in der Klasse des „intensive mothering/parenting“ am traditionellsten aufgeteilt ist und in der „egalitären“ Klasse am egalitärsten, während sich die Klasse des „egalitären Essentialismus“ zwischen diesen beiden Extremen befindet. Allerdings gibt es auch bei dieser multidimensionalen Abbildung der Einstellungen in der Regel keine signifikante Veränderung in Abhängigkeit vom Alter des Kindes, d.h. die Einstellungen spielen für die Arbeitsteilung der Eltern in den meisten Altersstufen des Kindes eine gleich große Rolle.

Darüber hinaus untersucht die Dissertation die Bedeutung weiterer Einflussfaktoren wie etwa die Kinderanzahl, die absoluten Ressourcen der Mütter oder die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland für die Arbeitsteilung der Eltern. Die vorliegende Dissertation liefert neue und detaillierte Einblicke darüber, wie sich Eltern die Erwerbsarbeit und die Familienarbeit in Abhängigkeit vom Alter des Kindes aufteilen und bildet dabei alle Altersstufen des Kindes ab – angefangen vom Kleinkind- und Kindergartenalter bis hin zum Grundschul- und Jugendalter.

Schlagworte 

Arbeitsteilung der Eltern; Aufteilung der Erwerbsarbeit; Aufteilung der Hausarbeit; Aufteilung der Kinderbetreuung; Kindesalter; relative Ressourcen; Geschlechterrolleneinstellungen; normativer Kontext; institutionelle Rahmenbedingungen; Familienleitbilder; Familienpolitik; multidimensionale Geschlechterrolleneinstellungen; latente Klassenanalyse; „intensive mothering/parenting“; Familienzyklus-Modell; Lebensverlaufsperspektive; sozio-ökonomischer Status (ISEI)

Volltext auf OpenD

Diese Dissertation ist auf OpenD im Volltext verfügbar. Online und OpenAccess.

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Zitiervorschlag

Gerum, Magdalena. Arbeitsteilung der Eltern. Die Aufteilung  der Erwerbsarbeit, der Hausarbeit und  der Kinderbetreuung in Abhängigkeit  vom Alter des Kindes. Georg-August-Universität Göttingen, 2021, https://ediss.uni-goettingen.de/handle/21.11130/00-1735-0000-0008-59C0-B.

Repository

ediss.uni-goettingen.de

Identifikatoren

21.11130/00-1735-0000-0008-59C0-B