Dr. Colin von Negenborn hat zunächst einen B.Sc. in Physik an der ETH Zürich und einen M.A. in Philosophy, Politics and Economics (PPE) an der University of York absolviert. Um die mathematisch-analytische Methodik der Physik mit den gesellschaftspolitischen Fragestellungen der Philosophie zu verbinden, promovierte er anschließend in Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Berlin School of Economics. Derzeit verbindet er freiberufliche Entwicklungs- und Forschungstätigkeit mit einem Studium in Praktischer Philosophie der Wirtschaft und Umwelt (PWU) an der Universität Kiel.
Auf einen?
Expertise
Mechanismusdesign
Spieltheorie
Ökonomisches Design
Interessant für
Ökonom*innen
Politiker*innen
Wettbewerbshüter*innen
Lassen sich Märkte und Menschen durch die Ökonomie nur analysieren oder auch manipulieren? Ökonomisches ‚Design‘ ermöglicht die Steuerung von Informationen und Personen.
Colin von Negenborn
Dr. Colin von Negenborn hat zunächst einen B.Sc. in Physik an der ETH Zürich und einen M.A. in Philosophy, Politics and Economics (PPE) an der University of York absolviert. Um die mathematisch-analytische Methodik der Physik mit den gesellschaftspolitischen Fragestellungen der Philosophie zu verbinden, promovierte er anschließend in Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Berlin School of Economics. Derzeit verbindet er freiberufliche Entwicklungs- und Forschungstätigkeit mit einem Studium in Praktischer Philosophie der Wirtschaft und Umwelt (PWU) an der Universität Kiel.
Auf einen?
Expertise
Mechanismusdesign
Spieltheorie
Ökonomisches Design
Interessant für
Ökonom*innen
Politiker*innen
Wettbewerbshüter*innen
Interview
Arthur Höring Redakteur
Gibt es eine zentrale Frage, die deine Forschungsarbeit untersucht?
Colin von Negenborn schreibt…
Arthur Höring Redakteur
Gibt es eine zentrale Frage, die deine Forschungsarbeit untersucht?
Colin von Negenborn Doktorand
Meine Promotion dreht sich um die Frage, wie es gelingen kann, die Ergebnisse zwischenmenschlicher Interaktion nicht bloß zu prognostizieren, sondern auch zu beeinflussen. Menschen treffen ihre Entscheidung auf Grundlage der Informationen, die sie besitzen. Daher untersuche ich, wie sich eine gezielte Verteilung solcher Informationen auf das individuelle Verhalten und die kollektive Wechselwirkung auswirkt. Dabei kann die Verteilung von Information auf verschiedene Weise gesteuert werden: Wer weiß was wann und mit welcher Gewissheit? Wer hat dieselben Informationen wie ich, und wissen die anderen, was ich weiß? Diese Fragen sind in verschiedenen Situationen relevant, vom Pokerspiel, wo ich überlegen muss, was andere Spieler*innen über meine Karten wissen oder vermuten, bis zum Online-Handel, bei dem Anbieter durch Cookies versuchen, möglichst präzise Informationen über Kund*innen zu erlangen, um den Produktpreis entsprechend zu personalisieren.
Arthur Höring Redakteur
Gibt es Anwendungsbeispiele für die Ergebnisse deiner Dissertation?
Colin von Negenborn Doktorand
Die Frage nach der optimalen Gestaltung – oder dem ‚Design‘ – von Informationen wende ich unter anderem auf das Problem der Korruption an. Wie kann diese effektiver bekämpft werden? Ich zeige eine Möglichkeit auf, die darauf beruht, Korruption als ‚Handel‘ zu verstehen – eine Bestechungszahl wird für eine Gegenleistung eingetauscht. Aus der Ökonomie wissen wir, dass Handel erschwert wird, wenn die Handelspartner*innen unterschiedliches Wissen über Wert besitzen, den der Tausch für sie hat. Man spricht dann von „asymmetrischer Information“. In meiner Arbeit berechne ich, wie wir solch asymmetrische Informationen gezielt streuen können, um den ‚Handel‘ und damit die Korruption zu verhindern. In der Sprache der Spieltheorie gesprochen, bringen wir die Handelspartner*innen dazu, gegen- statt miteinander zu spielen. Das Scheitern eines Handelsabkommens ist in diesem Fall dann eine gute Nachricht.
Arthur Höring Redakteur
Gab es Vorannahmen zu deiner Arbeit oder Promotion, mit denen du brechen musstest?
Colin von Negenborn Doktorand
Ursprünglich hatte ich eine große Skepsis, was die Anwendbarkeit spieltheoretischer Modelle auf die reale Welt betrifft. Ökonomische Grundannahmen wie der „Homo Oeconomicus“ mit seiner blinden Maximierung des Eigennutzens sind derart in Verruf, dass ich zunächst damit haderte, inwiefern ich überhaupt mit diesem Rahmenwerk arbeiten möchte. Doch eine nähere Auseinandersetzung mit den Werkzeugen der Spieltheorie zeigt, wie unglaublich reichhaltig die Methodik ist, und wie sehr sie sich an die tatsächlichen Gegebenheiten der untersuchten Situationen anpassen lässt. So fangen die Modelle ganz verschiedene Verhaltensmuster ein: Sie berücksichtigen altruistische Beweggründe ebenso wie vermeintliche Irrationalität; und statt individuellen Handelns lassen sich auch kollektive Kooperation oder klandestine Kollusion in Formeln übersetzen, mit denen man anschließend wunderbar jonglieren kann.
Wo immer Menschen interagieren, sieht die Ökonomie ein ‚Spiel‘. Sie sieht Spieler*innen, die sich in einer jeweiligen Situation für bestimmte Handlungen entscheiden, die also ihre Spielzüge entsprechend der Spielregeln wählen. Die Spieltheorie versucht, die Regeln eines solchen Spiels mathematisch zu erfassen, um so Prognosen über den Ausgang zu treffen. Doch wie wäre es, diesen Ausgang nicht nur zu prognostizieren, sondern sogar aktiv gestalten zu können? Dieses Ziel verfolgt das Forschungsfeld des Mechanismusdesigns. Anstatt die Regeln eines Spiels nur zu analysieren, verändert es diese, um so einen gewünschten Ausgang zu erreichen. In meiner Promotion wende ich diese Technik an, indem ich das ‚Design‘ von Informationen gestalte: Ich zeige, wie sich durch die Steuerung dessen, wer was wann worüber weiß, auch der Ausgang eines Spiels steuern lässt – und damit der Ausgang der meisten zwischenmenschlichen Interaktionen. Von Francis Bacon haben wir gelernt: „Wissen ist Macht.“ Aber eine viel größere Macht als eigenes Wissen bietet die Möglichkeit, das Wissen anderer zu gestalten.