Visualisierung von Zelltod nach experimentellem Schlaganfall in der Maus

Charité Berlin

Marietta Zille

Dr. Marietta Zille hat Biologie an der Universität zu Köln und Medizinische Neurowissenschaften an der Charité Berlin studiert. Sie promovierte innerhalb des International Graduate Program „Medical Neurosciences“ am Institut für Experimentelle Neurologie der Charité Berlin und veröffentlichte ihre Dissertation 2015.
Nach einem Postdoc-Aufenthalt am Burke Neurological Institute der Weill Cornell Medical School in White Plains, New York leitet sie nun eine Nachwuchsforschungsgruppe zunächst an der Fraunhofer Einrichtung für Marine Biotechnologie und Zelltechnologie in Lübeck und seit 2019 am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität zu Lübeck.

Auf einen?

Expertise

  • Neurowissenschaften
  • Schlaganfall
  • Zelltod

Interessant für

  • Naturwissenschaftler*innen
  • Mediziner*innen
  • Betroffene
Robina Weermeijer/Unsplash
Marietta Zille

Dr. Marietta Zille hat Biologie an der Universität zu Köln und Medizinische Neurowissenschaften an der Charité Berlin studiert. Sie promovierte innerhalb des International Graduate Program „Medical Neurosciences“ am Institut für Experimentelle Neurologie der Charité Berlin und veröffentlichte ihre Dissertation 2015.
Nach einem Postdoc-Aufenthalt am Burke Neurological Institute der Weill Cornell Medical School in White Plains, New York leitet sie nun eine Nachwuchsforschungsgruppe zunächst an der Fraunhofer Einrichtung für Marine Biotechnologie und Zelltechnologie in Lübeck und seit 2019 am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität zu Lübeck.

Auf einen?

Expertise

  • Neurowissenschaften
  • Schlaganfall
  • Zelltod

Interessant für

  • Naturwissenschaftler*innen
  • Mediziner*innen
  • Betroffene

Interview

Arthur Höring
Redakteur

Wie funktioniert die Methode, mit der du die sterbenden Zellen sichtbar machen konntest?

Marietta Zille
schreibt…
Arthur Höring
Redakteur

Wie funktioniert die Methode, mit der du die sterbenden Zellen sichtbar machen konntest?

Marietta Zille
Doktorandin

Zellen können verschiedene Signalwege aktivieren, die zum Zelltod führen. Bei einem ischämischen Schlaganfall kommt es zu einer Verringerung oder Unterbrechung des Blutflusses im Gehirn durch ein Blutgerinnsel. Dabei sterben Zellen unter anderem durch Apoptose, eine Form des Zelltodes, die von der Zelle selbst eingeleitet wird. Dabei gelangt das Molekül Phosphatidylserin, welches sich normalerweise auf der Innenseite der Zellmembran befindet, an die Zelloberfläche. Dort wird es von Fresszellen erkannt, die dann die toten Zellen aufräumen. In meiner Arbeit habe ich dieses Molekül auf der Zelloberfläche mittels des Markers Annexin A5 sichtbar gemacht. Dieser bindet nämlich ebenfalls an das Molekül und markiert so die toten Zellen.

Arthur Höring
Redakteur

Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie heißt eines der Verfahren, mit dem du den Marker sichtbar gemacht hast. Ist die Erklärung des Verfahrens so kompliziert wie sein Name?

Marietta Zille
Doktorandin

Um einen Marker, der an ein bestimmtes Zielmolekül bindet, sichtbar zu machen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Häufig werden unterschiedliche Arten der Fluoreszenzbildgebung verwendet. So habe ich zunächst erste Untersuchungen im Nahinfrarotbereich durchgeführt, da Nahinfrarotlicht besonders tief ins Gewebe eindringen kann. Ich konnte dadurch den Marker etablieren sowie erste Erkenntnisse über das Vorkommen von Apoptose nach ischämischem Schlaganfall erzielen.
Dieses Verfahren ist aber zeitlich und räumlich begrenzt und nicht absolut quantifizierbar – also in Zahlen zu fassen. Ziel meiner weiteren Arbeit war es jedoch, den Verlauf und das Ausmaß des Zelltods zu messen, was einer Methode bedurfte, die mehrfach hintereinander über mehrere Tage durchgeführt werden konnte. Deshalb haben wir uns für die Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie entschieden, bei der der Marker radioaktiv markiert werden muss und dann die entstehende Strahlung detektiert wird. Der Computer verarbeitet das Signal dann zu einem 3D-Bild und die Menge der entstehenden Strahlung kann direkt in Zahlen gefasst werden.

Arthur Höring
Redakteur

Die Hauptstudie deiner Dissertation ist eine Negative Results Study. Was ist damit gemeint und weshalb hast du dich dafür entschieden, diese zu publizieren?

Marietta Zille
Doktorandin

In der heutigen Zeit und im derzeitigen Publikationswesen ist es besonders erstrebenswert und damit leichter, Resultate zu veröffentlichen, die neu sind und möglichst bahnbrechende Erkenntnisse erbringen. Man spricht von einem sogenannten Publikationsbias oder einer Publikationsverzerrung. Erkenntnisse, die nicht-signifikante Unterschiede zeigen, werden also weniger häufig publiziert und erzielte Effekte beispielsweise von neuen Therapieansätzen werden dadurch überschätzt. In meinem Fall war es nicht möglich, eine für die Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie hergestellte Variante des Annexin A5 im Schlaganfall nachzuweisen. Möglicherweise lag das daran, dass diese Variante des Markers nicht die Blut-Hirn-Schranke passieren konnte, die verhindert, dass unerwünschte Stoffe ins Gehirn gelangen. Jedoch konnte ich in meiner Positivkontrolle zeigen, dass der Marker an sich funktioniert. Solche Erkenntnisse, aber auch andere ‚Negativ‘-Resultate, sind informativ und wichtig für die wissenschaftliche Community. Deswegen habe ich mich entschieden diese Ergebnisse zu publizieren. Einige wissenschaftliche Journale bieten dafür spezielle Sektionen an bzw. nehmen grundsätzlich auch ‚Negativ‘-Resultate an, solange sie eine entsprechende technische und wissenschaftliche Qualität aufweisen.

Arthur Höring
Redakteur

Du bist weiterhin in der Schlaganfallforschung tätig. Wie würdest du deine Arbeit nun rückblickend einordnen?

Marietta Zille
Doktorandin

Ich habe seitdem weitere Untersuchungen zu den Mechanismen, die zum Zelltod nach Schlaganfall führen, durchgeführt. Vor allem habe ich mich auf Blutungen im Gehirn fokussiert. Dabei sind interessanterweise zum Teil ähnliche, aber auch andere Signalwege beteiligt. Auch ist die Art des Zelltods unterschiedlich bei unterschiedlichen Arten von Gehirnzellen. Meine Doktorarbeit war also ein guter Anfang, aber es bleibt weiterhin spannend und es gibt viel zu erforschen. Vor allem ist es mir wichtig, dass unser Wissen einfließt in die Entwicklung neuer Therapien für Schlaganfälle sowie andere neurologische Erkrankungen.

Schlagworte

Schlaganfall, zerebrale Ischämie, Zelltod

Zusammenfassung

Zelltod ist eines der pathophysiologischen Ereignisse nach Schlaganfall. Aus diesem Grund ist es erstrebenswert, Marker zur Bildgebung von Zelltod in vivo zu finden. Als mögliches Target kommt Phosphatidylserine (PS) in Frage. Während sich PS in gesunden Zellen auf der Innenseite der Plasmamembran dem Zytosol zugewandt befindet, wird es auf die Zelloberfläche transloziert, sobald eine Zelle stirbt. Auf diese Weise wird PS für Annexin A5 (AnxA5)-basierte Marker zugänglich, die dieses mit hoher Affinität und Spezifität binden. Ziel dieser Doktorarbeit war es, zu untersuchen, ob AnxA5 zur spezifischen Bildgebung von Zelltod nach experimentellem Schlaganfall eingesetzt werden kann. Methodik: In dieser Arbeit wurde AnxA5 in drei verschiedenen Studien erforscht. In der ersten Studie untersuchten wir ein fluoreszenzmarkiertes AnxA5 zur In-vivo- und Ex-vivo-Nah-Infrarot- Fluoreszenzbildgebung im Schlaganfallmodell der Maus. Dazu verglichen wir es mit einer nicht-bindenden AnxA5-Kontrollsubstanz und anderen etablierten Zelltodmarkern. In der zweiten Studie evaluierten wir ein zweifach markiertes AnxA5 im gleichen Tiermodell unter Verwendung von Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT), Ex-vivo-Aktivitätsmessungen und Autoradiographie. Zur Positivkontrolle diente Äthanol-induzierter Zelltod im Oberschenkelmuskel. Schließlich entwickelten wir in der dritten Studie ein lang zirkulierendes AnxA5, das so genannte XTEN-AnxA5. Wir untersuchten seine Bindungsaffinität mittels Camptothecin induziertem Zelltod in Jurkat-T-Zellen und die spezifische Anreicherung des Moleküls in Tumoren nach durch Chemotherapie induziertem Zelltod. Ergebnisse: Wir konnten nachweisen, dass fluoreszenzmarkiertes AnxA5 nach experimentellem Schlaganfall zur In-vivo-Zelltodbildgebung verwendet werden kann. Nur bei funktionellem, aber nicht bei der nicht-bindendem AnxA5-Kontrolle, konnten erhöhte Signalintensitäten in der geschädigten im Vergleich zur nicht geschädigten Gehirnhälfte gefunden werden. Tote oder sterbende Zellen wurden spezifisch von AnxA5 gebunden, was durch Immunhistochemie bestätigt wurde, wobei auch andere Zelltodmarker die Mehrzahl dieser Zellen markierten. Jedoch waren wir nicht in der Lage mit SPECT zweifach markiertes AnxA5 im Schlaganfall festzustellen, wohingegen es bei Äthanol-induziertem Zelltod im Oberschenkelmuskel nachgewiesen werden konnte. Unser neu entwickeltes lang zirkulierendes XTEN-AnxA5 verlängerte die Bluthalbwertzeit auf etwa eine Stunde und verbesserte weitere Bildgebungseigenschaften. Tote oder sterbende Zellen in Kultur wurden spezifisch von XTEN-AnxA5 gebunden und wir erreichten eine stärkere Anreicherung von XTEN-AnxA5 im Vergleich zu Wildtyp-AnxA5 in Tumoren. Schlussfolgerung: Während AnxA5 scheinbar spezifisch an tote oder sterbende Zellen bindet, muss seine Eignung für Bildgebung im Gehirn unter Verwendung von Substanzen, die so ausgelegt sind, die Bluthirnschranke zu überwinden und das Zielmolekül zu erreichen, weiter untersucht werden.

Zitiervorschlag

Zille, Marietta. Visualization of cell death after experimental stroke in the mouse. Freie Universität Berlin, 2015, doi:10.17169/refubium-14836.

Repository

refubium.fu-berlin.de

Identifikatoren

urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000099112-6

doi: 10.17169/refubium-14836