Die Vergangenheit im Kopf, die Zukunft im Blick
Die Relevanz von der Erwerbsbiografie für die berufliche Rehabilitation
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Dr. phil. Jens Knispel hat Psychologie (B.Sc. und M.Sc.) an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH Aachen) studiert. Er promovierte am Lehr- und Forschungsgebiet Gesundheitspsychologie (vormals: Berufliche Rehabilitation) der RWTH Aachen und veröffentlichte seine Dissertation 2019. Während und nach der Promotionszeit war und ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in verschiedenen Projekten aus dem Sozialbereich tätig. Er beschäftigt sich in diesem Rahmen mit Fragestellungen der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation und hat in diesem Zuge eine Beratungsfirma im Gesundheits- und Rehabilitationsbereich gegründet.
Expertise
- Qualitative und quantitative psychologische Forschung
- Berufliche Rehabilitation
- Erwerbsbiografie
Interessant für
- Mitarbeiter*innen der beruflichen Rehabilitation
- Psychologen*innen
- sich beruflich Neuausrichtende
Schlagworte
Berufliche Rehabilitation, Erwerbsbiografie, Biografiearbeit, Individualisierung, Interviewleitfaden
Zusammenfassung
Die berufliche Rehabilitation bietet Menschen, die auf Grund einer gesundheitlichen Einschränkung längerfristig nicht mehr am beruflichen Leben teilhaben können, die Möglichkeit eines Wiedereinstiegs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. In diesem Zusammenhang spielt die Berücksichtigung des Kontinuums der Arbeit eine zentrale Rolle. In dessen Rahmen muss die erwerbsbiografische Vergangenheit bei der Ausrichtung auf die berufliche Zukunft ausdrücklich in Form einer Biografiearbeit einbezogen werden. Eine besondere Herausforderung für die berufliche Rehabilitation stellt dabei die inhaltliche Komplexität der Biografiearbeit dar. Vor diesem Hintergrund bestand das übergeordnete Ziel der Dissertation darin, die Thematik der Erwerbsbiografie speziell für die berufliche Rehabilitation systematisch aufzuarbeiten. Hierfür wurde eingangs eine Bestandsaufnahme der Forschung über die Relevanz biografischer Merkmale im Personalkontext mit Hilfe eines qualitativen Literaturreviews geleistet. Darauf aufbauend wurden 30 berufliche Rehabilitanden sowie eine Gruppe von 30 vergleichbaren Arbeitnehmern ohne Reha-Bedarf (Studie A) und 19 Anwender der Rehabilitation (Studie B) zu erwerbsbiografischen Themengebieten und Verläufen interviewt. Mit Studie C wurde ein erwerbsbiografischer Fragebogen entwickelt und an 43 beruflichen Rehabilitanden erprobt. Eine verbesserte Version des Fragebogens kam in Studie D zum Einsatz, um die erwerbsbiografischen Verläufe von 88 Teilnehmern der beruflichen Rehabilitation einer Vergleichsgruppe von 206 Arbeitnehmern ohne Reha-Bedarf gegenüber zu stellen. In Studie E wurde die Relevanz der Erwerbsbiografie im Umschulungskontext auf Basis von 107 Teilnehmern überprüft. Die Ergebnisse der Studien bestätigten, dass erwerbsbiografische Verläufe äußerst individuell ausfallen. Darüber hinaus sind für die Biografiearbeit nicht nur die reinen Fakten aus dem Lebenslauf von Relevanz. Vielmehr müssen auch dahinterliegende Begründungen, Motive und subjektive Bewertungen explizit aufgegriffen werden. Die ausdrückliche Bedeutung der bisherigen Erwerbsbiografie für die berufliche Rehabilitation spiegelt sich sowohl in qualitativen Maßen (Interviews) als auch in quantitativen Maßen (Fragebogenerhebung) wider. Um die Informationen für die Praxis nutzbar zu machen, wurden die gewonnenen Erkenntnisse aus den Studien A-E in Form eines erwerbsbiografischen (Interview-)Leitfadens speziell für die berufliche Rehabilitation (Reha-EBL) verdichtet. Mit diesem Instrument kann die Interaktion zwischen Mitarbeiter und Teilnehmer zugunsten einer systematischen Biografiearbeit strukturiert werden. Thematisch kann beispielsweise ein gegebenenfalls notwendiger Bewältigungs- bzw. Verarbeitungsprozess der beruflichen Vergangenheit im Fokus stehen. Mit Hilfe des Interviewleitfadens können im Zuge der Biografiearbeit individuelle Ressourcen bzw. Potenziale identifiziert werden, die den Teilnehmer beim Rehabilitations- und Reintegrationsprozess unterstützen können.
Zitiervorschlag
Repository
http://publications.rwth-aachen.deIdentifikatoren
■10.18154/RWTH-2019-10080
■doi: 10.18154/RWTH-2019-10080